Der Juni verspricht gutes Wetter. Nach
vielen Jahren für den Einen oder Anderen wieder eine Wanderrudertour
auf dem Main. Der Main mit seinen vielen Windungen und Schleifen, auf seiner
schönsten Strecke das Nebeneinander von verträumten
kleinen Städten und Dörfern, von wunderschöner Natur mit
seinen waldreichen Mittelgebirgen wie Odenwald und Spessart, seinen großen
Weinlagen wie im Bereich der Volkacher Mainschleife, Heubach und Klingenberg,
Burgen und Kapellen: Erinnerungen an eine Rudertour von 1959 auf dem Main
wurden wieder wach.
An dieser diesjährigen
„Seniorentour“ über Fronleichnam nahmen 13 Ruderinnen und Ruderer
vom TPSK Köln, dem KRV von 1877 Köln, dem Mülheimer Wassersport
Köln und dem RC Weser aus Hameln teil. Organisiert hatte diese Tour
Bernd E. Erstmalig trafen wir uns alle am Freitagabend, dem 09.06., in
der kleinen Gemeinde Nordheim, idyllisch gelegen zwischen Würzburg
und Schweinfurt. Um den Gasthof Weininsel zu erreichen mussten wir,
die wir alle aus dem Norden kamen, vom rechten Mainufer auf das linke Mainufer
mit einer kleinen, durch das Wasser angetriebenen Seilfähre übersetzen.
Der erste Kontakt mit dem Main war entstanden.
Die Wanderrudertour begann gleich
mit einem Großereignis: Die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland
hatte begonnen. Die Freude mit und um das runde Leder sollte uns auf dieser
Tour ständig begleiten.
Erstmalig war eine solche Tour
nur mit Hotelübernachtungen geplant worden. Drei Hotels in Nordheim,
Zellingen und Großheubach mit jeweils drei Übernachtungen waren
strategisch so gut auf der Gesamtstrecke von insgesamt 276 Stromkilometern
verteilt, so dass der Landdienst des uns begleitenden Bus-Gespanns und
zwei Pkw`s mit einem Minimum an Straßenkilometern auskamen.
Nordheim ist bekannt durch
seine guten Weine. Winzerfeste werden im Juni in vielen Dörfern
entlang des Mains gefeiert. Im Juni ist Spargelsaison. Verbunden mit der
guten fränkischen Küche konnten wir unsere Rudertour unter
dem Motto „Genießen wir wie Gott in Franken“ starten.
Samstagmorgen setzten wir unsere
beiden Vierer-Wanderboote beim Schweinfurter RC-Franken v. 1882 oberhalb
der Schweinfurter Schleuse erstmalig ins Wasser. Die Sonne schien und die
Lufttemperatur war äußerst angenehm. Das Wetter blieb alle Tage
unserer Tour wunderschön. Wir verabschiedeten uns von unserem Landdienst.
Die erste „Do-it-yourself-Schleusung“ verlief ohne Probleme. Bald kamen
wir aus dem Bereich der Stadt und eine weite Landschaft öffnete sich
uns. Der Main war hier eingebunden in eine aufgelockerte Uferbewaldung.
Nach etwa 10 km passierten wir Garstadt. Das hier vor vielen Jahren errichtete
Atomkraftwerk ist eines der ältesten AKW`s in Deutschland und heute
immer noch in Betrieb.
Auf halber Strecke in Wippfeld
die heiß ersehnte erste Mittagspause. Der Landdienst erwartete uns
bereits. In einer Gartenwirtschaft im Schatten von Weinranken genossen
wir leichte fränkische Kost. Weiter ging es stromab. Die Weite der
Landschaft verschwand. Weinberge schlossen den Main in ein engeres Tal.
Wir erreichten die „Volkacher Mainschleife“.
Der Main musste sich hier vor vielen
Millionen Jahren sein Bett durch Muschelkalk graben. Das Gestein zwang
den Fluss einen abenteuerlichen Umweg zu nehmen, den wir Ruderer heute
mit Freude durchfuhren. Hier beginnt das eigentliche Weinfranken das bis
nach Aschaffenburg reicht. Kurz vor Volkach, hoch im Weinberg gelegen,
grüßte uns die berühmte Wallfahrtskapelle „ Maria im Weingarten“.
Dieses spätgotische Gotteshaus beherbergt einen kunsthistorischen
Schatz, die „Madonna im Rosengarten“ von Tilmann Riemenschneider.
Sonntagabend besuchten wir diese
Kapelle. Leider war dieses Kleinod geschlossen. Aber der mühsame Weg
den Berg hinauf zur Kapelle hatte sich gelohnt: Ein wunderbarer Ausblick
über die gesamte Mainschleife mit seinen vielen Weinhängen entschädigte
uns nachhaltig.
Der Abkürzungskanal der Berufsschifffahrt,
den wir Ruderer nicht benutzen dürfen, war klar zu erkennen. Unsere
Tour am Samstag von Volkach bis Nordheim durch die Mainschleife war das
erste Highlight dieser Tour. In rasanter Fahrt ging es durch die Schleife.
Der Wasserstand war hier sehr niedrig, da das meiste Wasser für den
Kanal und dem dort angeschlossenen Wasserkraftwerk abgezweigt wurde. Kleine
Auwälder säumten hier den Fluss. Zahlreiche Untiefen mit sprudelnden
Wassern und wechselseitig an den Ufern eingebrachten Kribben erforderten
höchste Konzentration für das Steuern der Boote. Am Ausgang dieser
Mainbiegung liegt Nordheim.
Ein wunderschöner erster Rudertag
lag hinter uns. Nun genossen wir die Hotelunterbringung mit Dusche , gepflegten
Schlafzimmern, schmackhafter fränkische Küche und guten
Weinen aus eigenem Anbau des Gastwirts. Bis spät in den Abend saßen
wir auf der Terrasse. Im Dorf startete das erste Winzerfest, das bis Sonntagabend
dauerte. Die Häckerwirtschaften (Straußwirtschaften) lockten
mit lauter Musik und eigenen Weinen.
Sonntagmorgen starteten wir, wie
immer pünktlich um 08.30 Uhr in Nordheim. Das Ziel war die schöne
alte Fachwerkstadt Ochsenfurt, 33 km weiter stromab. Pause wurde in Kitzingen
bei einem Italiener mit Pizza und Pasta gehalten. Die Kleinstadt Ochsenfurt
umgibt eine der bestens erhaltene mittelalterliche Befestigungsanlage am
Main mit zahlreichen Türmen und Toren. Nur der Landdienst hatte die
Chance, die Sehenswürdigkeiten von Ochsenfurt zu besichtigen.
Dort wo die Boote landeten erwartete
uns eine Überraschung. Im RV Ochsenfurt wurden wir alle zu einer kleinen
Feier eingeladen.
..
Unter Sonnenschirmen und B äumen
gab es aus einem großem Fass für die Ruderer Freibier
und für den Landdienst Cola und Wasser. Fast der gesamte Verein war
anwesend. Der Grund dieser Feier wurde uns nicht verraten, aber wir genossen
die Gemeinsamkeit mit den Ochsenfurter Ruderfreundinnen und -freunden.
Wir verabschiedeten uns mit einer Einladung zum 41. Deutschen Wanderrudertreffen
in Köln-Porz beim CFWP und TPSK am 22.-24. September 2006.
Tags drauf ging es weiter von Ochsenfurt
über Würzburg nach Zellingen mit einer Tagesetappe von 36 km.
Auch auf dieser Etappe wieder romantische Landschaft pur.
Wer mit dem Boot Würzburg passiert, auf dem rechten Mainufer die alte historische Stadt, auf dem linken Mainufer auf hohem Berg die Festung Marienberg, die Unterquerung der alten Mainbrücke: Es gibt keine schönere Möglichkeit Würzburg zu besichtigen als vom Wasser aus. Der Landdienst setzte die Fahrzeuge um und wir bezogen das neue Hotel „Vogelsang“ in Zellingen. Der späte Besuch bei einem Winzer nach dem Abendessen ließ den Tag gemütlich ausklingen.
Von Zellingen ging es den n ächsten
Morgen weiter nach Gemünden. Rast war in Karlstadt angesagt, wieder
eine mittelalterliche romantische Kleinstadt. Im örtlichen Freibad
konnten sich die müden Ruderer mit Blick auf die Karlsburg ausruhen.
Da diese Tagesetappe nur 24 km betrug hatten wir nachmittags viel Zeit,
Würzburg näher kennen zu lernen. Der Landdienst fuhr uns über
Zellingen (mit einem Zwischenstopp im Hotel) zur alten Residenzstadt. Hier
empfing uns eine tolle Atmosphäre. Überall viele fröhliche
Menschen, Gruppen mit rot-gelb-grünen Flaggen zogen durch die Stadt.
Es war ja Fußballweltmeisterschaft und Würzburg war der Standort
der Fußballnationalmannschaft von Ghana. Abends trafen wir uns alle
im „Backöfele“(Geheimtipp!), einer rustikalen alten Gasstätte
von 1571 mit langen eichernen Holztischen und Bänken.
Eine herzhafte fränkische Küche
und köstliche Weine vom nahen Bürgerspital und Juliusspital
lösten unsere Zungen.
Der Main durchl äuft ab Würzburg
bis Marktheidenfeld, unserem nächsten Zielort, eine lange Schleife
von etwa 85 Stromkilometern. Der Landdienst hatte es da etwas kürzer.
Nur etwa 15 km war die Entfernung von Zellingen quer durch die Berge bis
Marktheidenfeld. Die Boote passierten auch Lohr am Main, der Stadt, in
der die Brüder Grimm das Märchen von Schneewittchen niederschrieben,
dessen Geschichte hier in abgewandelter Form historisch belegt ist.
Für unser nächstes Hotel
musste der Landdienst unsere Koffer von Zellingen nach Großheubach,
dem Gasthof „Weißes Roß“, bringen. Jetzt am Donnerstag, dem
15.Juni, war das Tagesziel mit 29 km der Schutzhafen von Hassloch, unterhalb
von Wertheim. Am 16.Juni erreichten die Boote, an Miltenberg vorbei, Großheubach
nach einer Strecke von 30 Stromkilometern.
Auf halber Distanz machten wir
Pause in Dorfprozelten, einer sehr alten Schifferstadt mit langer Tradition.
Noch heute sind die meisten Einwohner dieser gem ütlichen Gemeinde
als Binnenschiffer in Deutschland tätig oder mit der Binnenschifffahrt
verbunden. Oberhalb von Großheubach liegt auf hohem Berg das Franziskaner-Kloster
Engelberg. Über 612 Stufen kann man über der Kreuzwegtreppe zum
Kloster hinaufsteigen. Eine wunderbare Fernsicht, eine Brotzeit mit selbst
hergestelltem Käse und dunklem Kloster-Bier nach eigenem Braurezept
gebraut, entschädigten uns für die Anstrengungen.
In Großheubach war gerade
das diesjährige große Winzerfest angesagt. Junge Winzer
haben von ihren Vätern dieses Fest übernommen und erstmalig organisiert.
Eine große Tanzfläche unter einer gewaltigen Linde wurde von
überdachten Weinständen umgeben. An langen Tischen kamen wir
schnell mit den Einheimischen in Verbindung. Für manchen Ruderer endeten
die Abende trotz der Fußballweltmeisterschaft erst spät in der
Nacht beim Wein.
Nur noch zwei Tage sollte unsere
Tour dauern. Von Großheubach starteten wir am Samstag, dem 17. Juni,
zum Ziel Aschaffenburg mit einer Tagesdistanz von 32 km.
Im kleinen Ort Elsenfels, auf halber
Strecke, deckten die Inhaber des Gasthauses zur Krone, das Ehepaar C. und
G. Becker, in ihrem Privatgarten einen gro ßen Tisch für uns,
an dem wir alle 13 Ruderer Platz nehmen konnten.
Unter einem m ächtigen Walnussbaum
ließ es sich dann vortrefflich schmecken. Noch einmal herzlichen
Dank.
Vom RC Aschaffenburg ging es dann
am Sonntag, dem 18. Juni 2006, auf die letzte Etappe unserer Rudertour
mit 28 km nach Grossauheim kurz vor Hanau. Hier endete die Tour mit einer
Gesamtstrecke von 276 Stromkilometern und 24 Schleusen.
Diese Rudertour endete so harmonisch
wie sie begann. Die Stimmung war immer optimal. Das Wetter zeigte sich
von der besten Seite. Beim Essen und Trinken, in Mainfranken kommt jeder
auf seine Kosten, wie z.B. mit „Meefischli“ (Mee steht für Main,
es sind panierte und frittierte kleine Rotaugen) oder mit „Blaue Zipfel“
(fränk. Bratwürste in einer Mischung von Essig und Wein gegart)
und dazu schmackhafte Weine aus allen Lagen am Main bzw. Biere aus
ortsansässigen Brauereien.
Von der Fußballweltmeisterschaft
wurde gesagt: „Ein Rausch von dem ersten Spiel bis zum letzten Spiel“!
Von dieser schönen Rudertour können wir sagen:“ Ein Rausch vom
ersten Rudertag bis zum letzten Rudertag“.